In einer in der heutigen Ausgabe von Science veröffentlichten Studie zeigt ein Team um den PROXIDRUGS-Sprecher Ivan Đikić, wie Zellen durch Ubiquitinierung und selektive Autophagie die schädlichen Auswirkungen des kryptischen Spleißens bekämpfen, sich vor der Anhäufung falsch gefalteter Proteine schützen und die Zellgesundheit erhalten.
Das Spleißen ist ein äußerst präziser und dynamisch regulierter Prozess, welcher durch einen großen Proteinkomplex, das Spleißosom, reguliert wird. Das Spleißosom besteht aus über 200 kleinen Proteinen. Wenn dieser Prozess gestört ist, kann es zu Krankheiten wie der Retinitis pigmentosa (RP) kommen, einer Augenerkrankung, die durch den Verlust von Sehzellen aufgrund von Mutationen in den Komponenten des Spleißosoms verursacht wird.
Das Team um Đikić entdeckte nun eine neue mechanistische Verbindung zwischen der Deubiquitinase USP39 und gestörtem RNA-Spleißen. Anhand von Zebrafischen und zellulären Modellen konnten sie aufzeigen, dass die Deletion von USP39 RP-ähnliche Phänotypen mit Netzhautdegeneration nachahmt. USP39 Mangel führte zur Aktivierung von kryptischen 5'-Spleißstellen, was zur Produktion von abweichenden Proteinisoformen führte, die zur Fehlfaltung und Aggregation neigen. Die fehlgefalteten Proteine und Proteinaggregate stören die zelluläre Proteostase und lösen zelluläre Stressreaktionen aus.
Das Team analysierte das Repertoire der Stressreaktionen nach USP39 Deletion und stellte fest, dass diese Zellen die Ubiquitinierung und ER-Phagie, eine spezielle Form der selektiven Autophagie, welche auf das endoplasmatische Retikulum (ER) abzielt, verstärkten. Auf diese Weise können fehlgefaltete Proteine entfernt und der ER-Stress gemildert werden. Wenn die proteotoxische Belastung nicht erfolgreich bewältigt werden kann, führt dies zu proteotoxischem Stress, einer Verlängerung des ER-Stresses und schließlich zum apoptotischen Zelltod.
„Um die dynamischen Veränderungen in den Komponenten des Spleißosoms aufzudecken, die normales Spleißen in defektes kryptisches Spleißen umwandeln können, mussten wir eine breites Spektrum multidisziplinärer Ansätze anwenden“, erklärt Cristian Prieto-Garcia, Postdoktorand und Erstautor der Studie.
„Mathematische und computergestützte Methoden ermöglichten uns die Überwachung des kryptischen Spleißens, während molekulare und biochemische Studien aufzeigten, wie gespleißte Proteine toxische Aggregate bilden, die schließlich zum Zelltod führen und ein Retinitis-ähnliches Syndrom im Zebrafischmodell verursachen“, sagte Ivan Đikić, der das internationale Team zusammenbrachte, das aus Mitgliedern mehrerer Abteilungen der Goethe-Universität, der Universität Stuttgart, des IMB Mainz, der MPIs für Biophysik und für Herz- und Lungenforschung, des EMBL in Grenoble sowie von chinesischen und japanischen Universitäten bestand.
Das Ergebnis unterstreicht die zentrale Rolle des Ubiquitin- und Autophagie-Systems bei der Pathologie von Spleißosomen-assoziierten Krankheiten wie RP. Sie deuten auch darauf hin, dass die Verbesserung der Proteinabbauwege als therapeutischer Ansatz dienen könnte, um die toxischen Auswirkungen des kryptischen Spleißens, das mit zahlreichen Krankheiten in Verbindung gebracht wird, zu mildern. Ivan Đikić betonte die weitreichenden Auswirkungen dieser Studie: „Diese Entdeckung eröffnet neue Wege in der Forschung, und einer der spannendsten ist die gezielte Bekämpfung von aggressiven, stark proliferativen Krebszellen, die abhängig von hohen Spleißraten sind“.